Trapani. Die Stadt mit etwa 70.000 Einwohnern liegt im Nordwesten Siziliens eingebettet zwischen dem Tyrrhenischen Meer und dem Mittelmeer und wird deshalb auch als „Città tra due mari“ (Stadt zwischen zwei Meeren) bezeichnet. In der Antike trug sie den Namen Trepanon, was sich mit „Mondsichel“ übersetzen lässt und auf das sichelförmige Felsenriff südwestlich der Altstadt verweist. Einer griechischen Sage nach hat die Göttin Demeter eine Sichel vom Himmelreich geworfen, aus der Trapani entstand. Die Stadt ist - gegründet von den Phöniziern - wurde im Laufe der Jahrhunderte von verschiedenen Kulturen geprägt, darunter Griechen, Römer, Araber und Normannen. Trapani war stets ein wichtiger Handelshafen im Mittelmeer und spielte eine bedeutende Rolle während der Kreuzzüge. All diese Einflüsse spiegeln sich in der Architektur und Kultur der Stadt wider. Die Altstadt fasziniert bis heute mit ihrer barocken Pracht, historischen Gebäuden und malerischen Plätzen. Zur gelebten Geschichte gehörte viele Jahrhunderte die traditionelle Thunfischjagd „Mattanza“, die früher vor der Küste stattfand und eine wichtige Nahrungsmittelquelle der Menschen war. Heute wird die Jagd aufgrund schwindender Fischbestände nicht mehr durchgeführt. Wir schlendern gemütlich durch die schöne Stadt. An einem kleinen Café machen wir halt. Wir bestellen zwei Cappuccino und zwei Croissants. Der Besitzer fragt uns, mit was er die Croissants belegen oder füllen soll. Wir wählen Schokolade oder besser Nutella. Die Menge der Füllung ist so gigantisch, dass schon nach dem ersten Bissen die schokoladige Masse herausquillt. Der Hammer: 5,20 € alles zusammen.
Mitten in der wilden Landschaft Siziliens steht er einfach da der Tempel von Segesta. Einfach so, mitten im Nirgendwo. Kein großes Museum drumherum, keine moderne Stadt in Sicht, nur dieser riesige, uralte Tempel, der da schon seit über 2.000 Jahren rumsteht, als hätte er nie was anderes gemacht. Er ist riesig. 36 Säulen, jede fast 10 m hoch, und trotzdem kein Dach drauf. Warum? Tja, das weiß bis heute keiner so genau. Vielleicht war er nie ganz fertig. Vielleicht war das Dach einfach nur ein überbewertetes Accessoire. Wer weiß das schon. Aber gerade das macht ihn irgendwie cool so als ob er sich selbst treu geblieben ist seit die Griechen ihn im 5. Jhd. v. Chr. da hingestellt haben. Und die Aussicht erst! Der Tempel steht auf einem Hügel mit Blick auf Täler, Berge und in der Ferne manchmal sogar das Meer. Kein Wunder, dass man hier gerne mal länger bleibt, Fotos macht, rumträumt. Ein Stück Antike, das irgendwie chillt.
Das Amphitheater von Segesta. Richtig schön, alte Steine, tolle Aussicht und ordentlich Geschichte. Aber bevor du da sitzt wie ein Philosoph in der Abendsonne, musst du erst mal hoch. Der Weg dahin? Sagen wir mal: Dein Kreislauf freut sich. Vom Parkplatz aus geht’s entweder zu Fuß den Hügel hoch, was ungefähr so romantisch ist wie ein Spaziergang mit Rucksack bei 30° C. - oder du schnappst dir den Shuttlebus. Pro-Tipp: Nimm den Bus. Es sei denn, du willst deine Fitness testen oder dringend ein bisschen schwitzen. Oben angekommen wirst du aber belohnt und wie! Nicht nur wegen des Theaters selbst, sondern auch wegen des Blicks: Sanfte Hügel, Zikaden-Konzert, und irgendwo in der Ferne das Meer. Fast zu kitschig, um wahr zu sein - aber eben auch verdammt schön. Segesta ist der perfekte Mix aus Geschichte und Natur: Chillig, eindrucksvoll und total entspannt.
Das kleine Juwel über den Wolken: Erice ist wie ein Ort aus einem alten Märchenbuch, das man zufällig auf einem Flohmarkt findet. Ein bisschen verstaubt, aber voller Magie. Hoch oben auf einem Berg thront dieses mittelalterliche Städtchen und schaut mit erhobenem Kopf aufs Meer und die umliegenden Ebenen. Wir wollten die Seilbahn von Trapani aus dorthin nehmen. Doch die war reparaturbedingt geschlossen. Also wieder rein in das Auto. Denn wer einmal die kurvige Straße hinauf gefahren ist, weiß: Der Weg nach Erice ist schon Teil des Abenteuers. Oben angekommen, fühlt man sich, als hätte man einen Zeitsprung gemacht. Kopfsteinpflaster, enge Gassen, uralte Kirchen und überall der Duft von frisch gebackenen Dolci. Besonders berühmt ist die Pasticceria von Maria Grammatico, eine Legende für Naschkatzen. Ihre süßen Mandeldinger machen Einen so glücklich, dass man kurz vergisst, dass man eigentlich nur “mal eben gucken” wollte. Und dann ist da noch die Aussicht: Wow. Von der Burg aus sieht man halb Sizilien, das Meer glitzert in der Sonne, und mit ein bisschen Fantasie kann man sogar die tunesische Küste am Horizont erahnen. Kein Wunder, dass hier schon Phönizier, Griechen, Römer und Normannen ihre Spuren hinterlassen haben. Erice ist so etwas wie ein historischer Airbnb-Hotspot nur ohne Bewertungen, aber mit viel Charakter. Erice ist klein, aber hat es in sich. Wer Ruhe, Romantik und ein bisschen Magie sucht, ist hier goldrichtig. Und wer nichts sucht, findet hier wahrscheinlich trotzdem etwas. Vielleicht sogar ein kleines Stückchen von sich selbst.
Was passiert, wenn wir eine Untertasse mit Salzwasser in der Sonne stehen lassen? Genau - es bleiben schöne Salzkristalle übrig. Trapani, Paceco und Marsala haben eine riesige Untertasse vor der Haustür. Das Mittelmeer ist im westlichen Raum Siziliens sehr flach und der sizilianische Sommer bietet wochenlang Sonne pur. Dazu kommt ein stetiger Wind, der für trockene Luft sorgt. Perfekte Voraussetzungen also für Meerwassersalinen. Die ersten historischen Aufzeichnungen über die Salinen von Trapani gehen auf den berühmten arabischen Historiker Edrisi zurück, der sie bereits zur Zeit der normannischen Herrschaft erwähnt. Im 16. Jhd. stieg die Salzproduktion durch die Errichtung neuer Salinen so stark an, dass der Hafen von Trapani im Jahr 1572 zum wichtigsten Salzexporthafen Europas wurde. Es gab zwischen Trapani und Marsala 60 aktive Salinen mit einer Jahresproduktion von etwa 200 Tonnen Salz. Und zur Aufbereitung von Salz braucht man Windmühlen, auch Salzmühlen genannt. Da diese sehr fotogen sind - obwohl heutzutage oft schon verfallen und ohne Funktion - gehen wir auf Mühlenjagd. Das ist garnicht so einfach, denn die riesigen mit Wasser gefüllten Salzsalinen sind schwer zugänglich geschweige denn begeh- oder befahrbar. Und die Salzmühlen, von denen es in diesem Gebiet entlang der „Salzstrasse“ noch mehr als 40 geben soll, wollen erst einmal gefunden werden. Ausserdem wird an einigen Stellen noch aktiv Salz abgebaut. Dort darf man dann überhaupt nicht hin! Andere liegen allein und verlassen auf Mininseln umgeben von salzigem Wasser. Das Salz, welches hier bergeweise gewonnen wird, wird später zu Speisesalz und landet nicht etwa auf deutschen vereisten Straßen. Man erntet übrigens Salz, das wussten wir bis noch nicht.
Das weiter südlich gelegene Marsala. Marsala? Nein - nicht Masala! Ach ja - der süße Wein! Nein, das tolle Rot! Oder Chicken Marsala? Also - besser wir fangen nochmal von vorne an: "Masala" ohne "r" ist ein indisches Gewürz und "Marsala" eine sizilianische Stadt. In Marsala und Umgebung versteht man sich seit Jahrhunderten auf süße Weine. Im 18. Jhd. wurden sie zufällig vom englischen Kaufmann John Woodhouse "entdeckt". Ein paar Proben davon lösten in seiner Heimat Begeisterung aus. Das war die Chance des Lebens für John Woodhouse. Er blieb in Marsala, gründete eine Firma und verkaufte den süßen Wein unter dem Markennamen "Marsala". In seiner alten Heimat wurde der Marsala aber nicht nur als Aperitif oder Desserwein getrunken, sondern auch zum Kochen benutzt. Eines der, auch in den USA bekanntesten Rezepte ist "Chicken Marsala" (Hähnchenschnitzel mit Pilzen in Marsala-Soße). Marsala gibt es übrigens als Weiss- und Rotwein. Wir trinken in den schmucken Gassen in einer kleinen Weinbar ein Glas dieses kupferglänzenden Gesöffs. „Secco“, nicht „Dolce“. Es schmeckt wie Madeira, Sherry oder Portwein. Lecker! Was die Stadt anbelangt, hat sie für uns nicht ganz die Erwartungen erfüllt. Eine kleine Altstadt mit Flair, aber das war’s auch schon.
Früher einmal haben die vorgelagerten riesigen Salzsalinen auch Marsala reich gemacht. Heute haben wir Salz im Überfluss und bekommen es nahezu geschenkt - eine Folge der industriellen Massenproduktion. Vor diesen Zeiten bezeichneten die Menschen Salz allerdings nicht zufällig als "Weisses Gold". Orte, an denen Salz aus Meerwasser gewonnen werden konnte oder an denen Salzstöcke nahe unter der Erdoberfläche lagen, gab es nicht viele. Entsprechend hoch war der Preis für Salz. Wer in seinem Sizilien Urlaub in den Salinen von Marsala Arbeitern zuschaut, bekommt schnell einen Eindruck von dem Aufwand, der hinter der traditionellen Gewinnung von Meersalz steckt. Kein Wunder also, dass Marsala dieser ehemals so wichtige Industriezweig mehr und mehr wegbrach. Zu allem Überfluss gab es 1965 hier eine Flut, die die Salzwiesen schwer beschädigte. Mittlerweile gibt es allerdings eine Renaissance des traditionell gewonnen Meersalzes. Mit Unterstützung des WWF werden einige Salzwiesen wieder genutzt. Dabei legt man Wert darauf, drei Ziele zu harmonisieren: die Salzgewinnung, den Umweltschutz und den Tourismus.
Eine Fahrt ins Blaue. Wir fahren mal ins Hinterland. Da gibt es vielleicht nicht die Highlights, aber dafür magische Landschaften voller Farben. Man muss nur hinschauen und genießen. Schmale Straßen winden sich durch sanfte Hügel, links und rechts gesäumt von einem dicken bunten Band aus Blumen: Leuchtendes Gelb, tiefes Rot, zartes Lila, pastelliges Blau. Als hätte jemand die Farben des Frühlings großzügig über die Landschaft gestreut. Kilometerlang. Was für eine Natur! Zwischen den Hügelkuppen ziehen sich ordentliche Reihen von Weinreben, silbrige Olivenbäume werfen weiche Schatten auf den Boden. Und es riecht nach Honig. Das es so etwas in dieser Fülle noch gibt. Das reinste Schlaraffenland. In der Ferne erkennt man die Winzer, wie sie mit ruhigen, geübten Bewegungen ihre Felder vorbereiten. Die Erde wird gelockert, Reben werden zurückgeschnitten, während die Sonne mild über allem liegt. Es liegt ein Gefühl von Aufbruch in der Luft, aber auch von Beständigkeit, als würde die Landschaft selbst tief durchatmen und sich auf die kommende Zeit freuen.
Wir erreichen Salemi. Nicht lachen, es heißt so, nicht etwa Salami. Salemi ist ein eher unbekanntes Städtchen, hat aber definitiv versteckte visuelle Schätze, die sich super für einen besonderen fotografischen Blick eignen. Die heutige Altstadt folgt in ihrer Anlage dem arabischen Muster und präsentiert sich mit zahlreichen gewundenen Gassen und Gässchen, die vor versteckten Innenhöfen enden, und mit zahlreichen besonders steilen Treppen. Mitten im Stadtzentrum erhebt sich die eindrucksvolle Burg Castello di Federico II und eine eindrucksvolle Kirchenruine. Darüber hinaus hat Salemi auch ein „Mafia-Museum“, das viele Besucher aus aller Welt hierher lockt. Nach dem Erdbeben wurde ein Teil des Ortes aufgegeben. Einige dieser verlassenen Häuser stehen noch: Eingestürzte Fassaden, wild wuchernde Pflanzen. Lost Places mit mediterranem Flair finden wir auch reichlich auf und zwischen den Hügeln inmitten dieser sanften Traumlandschaften. Die verlassenen Häuser und großen Gehöfte sind heute wie eingefrorene Momentaufnahmen der Vergangenheit. Mauern, die einst Leben schützten, geben nun den Blick frei auf das, was war. Pflanzen erobern sich ihren Raum zurück, als wollten sie das Geschehene überwuchern. Und wenn das Licht durch die Ritzen fällt, scheint es fast, als erzähle es Geschichten von früher. Flüchtige Schatten von Stimmen, Gerüchen, Alltagsmomenten. Ein Lost Place, ja aber nicht verloren. Nur im Wandel.
Wir besuchen Selinunte, die versunkene Megacity der alten Griechen. Der Archäologiepark Selinunte ist unglaublich groß. Hier hat man schon 40 ha antiker Erde umgegraben und fördert trotzdem immer noch neues altes Gemäuer ans Tageslicht. Gerade ist unter Archäologen ein antikes Gewerbegebiet der Selinunte-Hype. Eine Akropolis. Ja, so etwas gab es tatsächlich nicht nur in Athen. Eine Akropolis gehörte zu jeder "ordentlichen" antiken griechischen Stadt. Es war schlicht ihr höchster Punkt und damit häufig gleichzeitig der Ort, an dem sich die ersten Siedler niedergelassen hatten. Und die bevorzugten aus naheliegenden Gründen Anhöhen - die konnte man gut verteidigen. Selinunte wurde zwar von griechischen Siedlern gegründet, lag aber gefährlich nahe am Einflußbreich der Karthager. Abwechselnd verbündete man sich, führte aber auch Krieg. Der riesige, richtig gut erhaltene Tempel sieht wirklich genial aus im Morgenlicht. Echt beeindruckend! Ein tolles Fotomotiv. Alle anderen völlig in sich zusammengefallenen Tempel von Selinunte gehen nach neuesten Erkenntnissen nicht auf einen Krieg zurück. Sie wurden wahrscheinlich Opfer eines gewaltigen Tsunamis - die Kehrseite des wunderbaren Meerblicks. Trotzdem ein sehr ungewöhnlicher Ort der Antike.
An der Südküste gibt es noch etwas Besonderes zu sehen: Die Scala dei Turchi, was übersetzt Treppe der Türken bedeutet, ist eine kalkhaltige Felsformation. Dieses natürliche Phänomen ist durch die Erosion über die Jahre entstanden und fasziniert durch seine charakteristische weiße Farbe, die einen starken Kontrast zum klaren, blauen Wasser des Mittelmeers bildet. Was sie so einzigartig macht, ist ihre ungewöhnliche Form. Sie erinnert an eine gigantische Treppe, die ins Meer führt. Diese natürliche Treppe besteht aus schichtweise abgelagertem Kalkstein, der im Laufe der Zeit durch Wind und Wellen geformt wurde. Die glatten, abgerundeten Formen und die strahlend weiße Farbe des Felsens verleihen ihm eine fast unwirkliche Schönheit. Wir entschließen uns, nicht herab zu steigen, um auf dem Weiß herumzulaufen, sondern bewundern das Felsgebilde von oben. Geht auch so, denken wir. Die Namensgebung der Scala dei Turchi geht übrigens auf die Geschichte Siziliens zurück. Während der mittelalterlichen Zeit war die Insel oft von Eindringlingen bedroht, darunter auch die sarazenischen Piraten. Es wird angenommen, dass diese Piraten die weißen Felsen der Scala dei Turchi als Landmarke nutzten, während sie die Küste plünderten.