FANTASTISCHES PATAGONIEN IN HERBSTFARBEN 2023

| 28.11.2023 | | Argentina & Chile
FANTASTISCHES PATAGONIEN IN HERBSTFARBEN 2023


Eine Südamerika-Fototour mit gemischten Gefühlen

Patagonien mit seinen beiden Nationalparks in Argentinien und Chile als Top-Highlights hat sich über die Jahre unter Fotografen zu einem der Traumziele schlechthin entwickelt. Hier möchte wahrscheinlich jeder Landschafts- und Naturfotograf einmal im Leben Zeit zum Fotografieren verbringen. Und so gings natürlich uns auch. Daher entschlossen wir uns innerhalb eines einzigen Tages, diese in die Südspitze Südamerikas führende Tour mitzumachen. Obwohl wir eigentlich keine Reise mehr mit einer Fotogruppe unternehmen wollten - nach unseren nicht immer nur positiven Erfahrungen mit Fotografen-Egoismen in der Vergangenheit. Aber wat solls! Wir haben es dann eben doch getan. Leider noch einmal verschoben wegen Corona: Wir wollten bereits im Frühjahr 2022 dort sein. Als wir dann endlich vom 6. bis 26. April 2023 auf Tour waren, ist zu unserem Bedauern doch das eingetreten, was wir uns nicht erhofft hatten. Es war nicht so dolle wie von uns erhofft! Und damit meinen wir nicht Patagonien. Wir haben uns daher entschlossen, entgegen unseren Gewohnheiten und vielleicht unüblicherweise am Ende dieses Reiseblogs eine Reisebewertung niederzuschreiben, weil der Verlauf und Eindruck unserer Reise aufgrund der Einstellung und des Verhaltens einiger Teilnehmer, aber auch des Reiseleiters selbst doch sehr und in ungewöhnlich intensiver Art und Weise getrübt wurde.

Aber nun erst einmal zu den wirklichen schönen Seiten dieser Tour im bunt-herbstlichen Patagonien.

Nach unserer Ankunft am Airport im argentinischen Buenos Aires gibts eine ganztägige Stadtrundfahrt mit dem Bus, auf der wir in einer Art Schnelldurchlauf einige Höhepunkte der Hauptstadt Argentiniens besuchen. Bestens gefallen hat es uns der Stadtteil La Boca, der für seine bunten und fotogenen Blechhäuser berühmt ist. Er beherbergt außerdem den ältesten Hafen von Buenos Aires, in welchem seinerzeit die vielen italienischen Einwanderer angekommen sind. Leider war unsere Zeit in dieser interessanten Stadt viel zu kurz, um sie richtig zu erleben. WEnn  wir noch einmal "hier unten" sind, werden wir Buenoa Aires ein paar Tage mehr gönnen. Wir sind z.B. mit dem Bus durch einen anderen alten Stadtteil gefahren, der tolle romantische Ecken hatte mit vielen Graffitis an den Hauswänden. Zu gerne wären wir ausgestiegen und wären dort umhergeschlendert und hätten in Ruhe und mit Muße fotografiert.

Wir fliegen einen Tag danach bis zum südlichen Ende Argentiniens nach El Calafate. Es ist das Eingangstor zum wohl berühmtesten Gletscher Patagoniens, dem Perito Moreno. Wir quartieren uns auf einer Estancia namens Nibepo Aike mit über hundertjähriger Geschichte ein. Sie ist traumhaft gelegen am Ufer einer Lagune, umgeben von Bergen und mit Ausblick auf die Andenkordillere Wir können die ersten Herbstfarben genießen. Die Estancia befindet sich innerhalb des Nationalparks Los Glaciares und verkörpert den typischen patagonischen Architekturstil. Die ursprünglich exklusiv zur Schafzucht verwendete Ranch ist zwischenzeitlich auch für ihre Rinderzucht bekannt. Zu unserem großen Bedauern bleibt uns aber der Anblick patagonischer Gauchos auf Pferden im abendlichen staubigen Licht als tolle Fotomotive vor traumhafter Kulisse verwehrt. Es ist einfach nichts los dort. Einige wenige Schafe und zwei Rinder werden zurück in die Estancia gebracht. Das wars dann schon. Wir hatten echt mehr erwartet!

Am nächsten Tag steht der wirklich riesige Gletscher Perito Moreno auf dem Programm. Es ist sonnig, ein strahlend blauer Himmel begleitet uns bei angenehmen Temperaturen. Wir fotografieren aus allen Rohren. Das Ding ist echt ein farbiges Eis-Erlebnis! Von Schneeweiß über türkis bis hell- und dunkelblau ist alles dabei. Der Gletscher gehört zum argentinischen Teil des südlichen Eisfeldes "Campo de Hielo Sur", das mit seinen enormen Eismassen riesige Flächen bedeckt. Wir machen zu Beginn eine Bootstour, die uns auf Augenhöhe mit dem Eisriesen bringt und tolle Fotoperspektiven bietet. Auf sehr langen Holzstegen, die quasi vor der Gletscherkante von oben nach unten und wieder zurück führen, haben wir anschließend die Gelegenheit, dieses Naturwunder aus den verschiedensten Blickwinkeln zu fotografieren. Wir laufen uns die Füße wund, weil wir immer wieder etwas Neues entdecken.

Im nördlichen Teil des Nationalparks Los Glaciares liegt eines der schönsten Naturparadiese Südamerikas, das Fitz Roy Massiv. Bis zu 3.400 Meter hoch ragen die vereisten Granitzinnen in den Himmel - mit dem höchsten Schwierigkeitsgrad für Bergsteiger. Wir fahren nach El Chaltén, das am Fuße dieses Bergmassivs liegt. Unterwegs passieren wir den Lago Argentino und den Lago Viedma, zwei riesige Seen, denen die Gletschermilch wunderschöne Farben verliehen hat. Während der Rest der Fotogruppe sich auf eine 2 1/2tägige, sehr anstrengende Trekkingtour zu zwei vorgelagerten kleinen Bergseen macht, erkunden wir auf eigene Faust die herbstliche Landschaft Patagoniens, traumhafte Wasserfälle und einen wunderschönen großen See mit Namen Lago del Desierto. Im Dunkeln räkeln wir uns am nächsten Morgen aus unseren Betten und fahren ein paar Kilometer hinaus vor die Tore von El Chaltén. Auf einem Parkplatz stellen wir unser Kamerastativ auf und warten in der Kälte auf den Sonnenaufgang in unserem Rücken. Der kommt auch wie bestellt und beleuchtet die hochaufragenden Bergspitzen des vor uns liegenden Fitz Roy Massivs erst sanft rosa, dann hellorange und dann knallorange. Das sieht unfassbar unecht aus, aber es ist Realität. Welch eine Traumkulisse!

Auf dem Weg zurück zurück nach El Calafate gibts noch einen Besuch im sog. versteinerten Wald "La Leona". Die Landschaft wirkt hier wie von einem anderen Planeten und die versteinerten Stämme der Araukarien sind bis zu 70 Millionen Jahre alt. Wir finden sie unter anderem in einer tiefen Schlucht. Dieser Ort ist in jeder Hinsicht außergewöhnlich und entspricht so gar nicht der typischen Vorstellung von Patagonien.

Wir kehren nun Argentinien schweren Herzens den Rücken und machen uns auf den Weg zum weltbekannten Nationalpark Torres del Paine auf der chilenischen Seite der Anden. Direkt an den Fuß der berühmten Torres-Felstürme. Dies sind der Torre Sur (2.850 m), der Torre Central (2.800 m) und der Torre Norte (2.600 m) sowie der Nachbargipfel Nido del Cóndor. Sie sehen schon "Hammer" aus!

Nach zwei Tagen verlassen wir den östlichen Teil des Nationalparks und durchqueren einen Abschnitt, in dem viele tote Bäume stehen, die vor einigen Jahren einem großen Feuer zum Opfer fielen. Die Szenerie wirkt hier total surreal. Kurze Zeit später werden wir vom berüchtigten patagonischen Wind begrüßt. Auf einer kleinen Wanderung zu einem Aussichtspunkt genießen wir die ersten Ausblicke auf das ikonische Paine-Massiv mit den malerischen Cuernos del Paine und dem gletscherbedeckten Paine Grande. Unser angenehmes Hotel liegt am Ufer des Lago Grey, wo man eine ganz andere Perspektive auf die Berge hat. Wir machen wieder mal etwas Anderes als die zweite Hälfte unserer Gruppe und statten dem großen Wasserfall "Salto Grande" einen Besuch ab. Es stürmt immer noch sehr ordentlich und die Kamerastative müssen wie wir selbst Einiges aushalten, um nicht umzufallen. Bei dem Wind ist das Fotografieren nicht gerade ein KInderspiel. Aber es lohnt sich total.

Nach dem wunderschönen Nationalpark ist nächster Anlaufpunkt Puerto Natales. Es liegt am 'Fjord der letzten Hoffnung'. So taufte ihn der spanische Entdecker Ladrillero, als er 1557 im Gewirr aus Inseln und Wasserwegen verzweifelt die 'Magellanstraße' in entgegengesetzter Richtung suchte und die Durchfahrt nicht fand. Auch andere Namen zeugen von seiner Frustration wie der 'Verstopfte Fjord' oder der Seno Poca Esperanza, 'Fjord Geringer Hoffnung'. Von dort gehts weiter nach Punta Arenas, der letzten großen Stadt vor Feuerland und dann weiter zum Punta Carrera ca. 60 Kilometer südlich davon.

Wir haben ein kleines Schiff gechartert und verbringen auf 220 km Strecke mehr als 7 Stunden auf der berühmten Magellanstraße bis hin zum Francisco Coloane Marine Park. Wir genießen die Aussicht auf die Kanäle und die grandiosen Landschaften am Ende der Welt, die von zahlreichen Gletschern durchzogen sind. Der Weg führt vorbei am Leuchtturm von Cape Froward, dem südlichsten Punkt des amerikanischen Kontinents, zur Insel Carlos III mit unseren Ecocamp-Zelten oben drauf. Sie beherbergt eine Forschungsstation, die im Jahre 1999 in Betrieb genommen wurde. Hier im Seepark findet man übrigens Buckelwale als einzige Population weltweit, die die Sommermonate nicht in den Polregionen verbringt.

Nach dem Frühstück begeben wir uns endlich auf die Spur der Buckelwale. Den ganzen Tag lang. Im Barbara Kanal diese Tiere aus nächster Nähe zu beobachten, ist ein unvergessliches Erlebnis. Wir haben total viel Glück und sehen diese wunderbaren Tiere ganz oft. Schwer zu fotografieren sind sie dafür schon. Ihr riesiger Körper befindet sich ja allermeist zu 95 % unter Wasser. Und genau da sind wir natürlich nicht mit unserer Kamera. Wir passieren Rupert Island, wo wir eine Kolonie von Magellan-Pinguinen antreffen. Am Nachmittag unternehmen wir einen Ausflug zur Santa Ines Insel. Der gleichnamige Gletscher kalbt dort direkt ins Meer. Leider ist das Wetter nicht so gut zu dieser Zeit. Es stürmt, windet und regnet ein wenig.

Der zweite Tag ist dann ein echt denkwürdiger geworden. Unser sehr kompetente Bootsführer und Guide Jonathan hat es später als eine der besten Fahrten der Saison deklariert. Vor allem das abwechslungsreiche Verhalten der Buckelwale haben wir so noch nie erlebt. Oft sieht man ja immer nur die Schwanzflosse beim Abtauchen und das war´s dann! Aber dieses Mal war es tatsächlich ganz anders: Ein junger Wal "winkt" mehrfach mit seinen Schwanz- und den beiden Seitenflossen. Und dann passiert das Heißersehnte:  Die Wale springen aus dem Wasser, kommen dem Schiff immer wieder sehr nahe und tauchen unter uns hindurch. Mütter mit ihren Kindern und sogar ganze Walfamilien. Ein ganz besonderer Höhepunkt ist zum Abschluß das leise Singen der Buckelwale, das wir am nächsten frühen Morgen in unseren Zelten hören konnten. Sie haben sich die wohl sehr nah am Camp aufgehalten. Das haben wir noch nie in unserem Leben live gehört. Ein Traum!

Es heißt nun Abschied nehmen. Wir fahren wieder fast einen ganzen Tag lang zurück mit dem Schiff und fliegen danach von Punta Arenas über Santiago und Amsterdam zurück nach Frankfurt/M. Nach 3 x Umsteigen und mehrstündigem Warten auf den diversen Flughäfen sind wir froh, wieder in Europa zu sein.

UNSER REISEFAZIT:

Wir haben die schönste Zeit des Jahres im südlichen Teil Argentiniens und Chiles verbracht. Der April in Patagonien ist mit seinen fantastischen Herbstfarben einfach nicht zu toppen.

UND HIER NOCH UNSERE OBEN ANGEKÜNDIGTE REISEBEWERTUNG

o    Die persönliche Begrüßung seitens unserer Reiseagentur am Frankfurter Flughafen ist eher "sachlich-bescheiden"
o    Die mehrstündige Stadtrundfahrt mit dem Bus in Buenos Aires ist ursprünglich nicht im Reiseplan vorgesehen. Sie hat außerdem viel zu wenig zeitlich ausreichende Fotostops
o    Der sog. "Versteinerte Wald" gestaltet sich wie eine Bergwanderung von 3 statt 1 Stunden Länge; Trinkwasser für alle Teilnehmer gibt es trotz großer Hitze hier nicht
o    Unser Guide aus Deutschland kennt die geplanten anstrengenden Trekkingtouren aus eigener Erfahrung und Aussage eher nicht persönlich. Gegenüber dem lokalen Wanderführer wird dies auf dessen Frage jedoch ganz anders dargestellt .....
o    Es fehlt von seiner Seite oft eine generell ausreichende Kommunikation hin zur Gruppe. Es gibt so gut wie keine Informationen zu den jeweils anstehenden Aktivitäten am Tag/Abend, bevor es losgeht
o    Uns Allen wird eine Aufgabe „Macht eine kleine Fotostory über die Estancia“ gestellt. Das ist eine kreativ-gute Idee finden wir und machen uns an die Arbeit. Wir stellen jedoch fest, dass am Abend diese von den Teilnehmern gar nicht mehr abgefragt oder gar präsentiert wird. Ohne ein Wort der Begründung
o    Unser vor der Tour mit der Reiseagentur vereinbarte Part "El Chalten Individuell“ (statt der u.g. Trekkingtouren) findet vor Ort kein so rechtes Interesse mehr
o    Die Fitz Roy Trekkingtouren nach Aussage der Teilnehmer (ohne uns): Insgesamt zuvor unangekündigte 1.400 Höhenmeter werden zurückgelegt, es gibt eine viel zu schnelle Gangart des lokalen, jungen Wanderführers, eine Strecke von 48 km mit insgesamt 11 Stunden Wanderzeit ist zu bewältigen, die Trekkingtour ist aus Sicht der meisten Teilnehmer sehr grenzwertig, teilweise vereist und sehr gefährlich, Wasser und Lunchpakete müssen zusätzlich selbst getragen werden
o    Im Rahmen der Trekkingtouren am Fitz Roy Massiv ist vor Ort grundsätzlich keine medizinische Hilfe vorhanden (kein Arzt und kein Hospital, der Helikopterstandort ist 500 km entfernt): Eine Information darüber vor Reisebuchung gibt es nicht
o    Der Reiseprogrammpunkt "Estancia" läuft ohne „Action“ (Gauchos, Rinderherden o.ä.) und nahezu programmlos ab. Die Teilnehmer warten dort vergeblich, dass etwas passiert
o    Des Reiseleiters eigenes Fotografierinteresse steht fast immer an erster Stelle
o    Der Programmpunkt „Fotografieren der Sonnenuntergänge“ in El Chalten ist eher unspektakulär, da man diese hinter den hohen Bergen gar nicht sehen kann. An einem anderen Ort wird dieser Punkt "realisiert", in dem man im strömenden Regen loszieht
o    Wirkliche Freundlichkeit seitens eines Reiseleiters ist für uns etwas Anderes als wir sie dort erleben durften: Keine Teilnehmerbeobachtung, emotionslos, kühl
o    Es fehlt Trinkwasser für die Fotografen im Reisebus
o    Der Hotelpreis im Torres del Paine wurde vorab nicht final von der Reiseagentur vereinbart und ist später höher als beschrieben. Eine Verantwortung dafür wird von ihr dennoch nicht übernommen
o    Die Fensterscheiben des Reisesbusses werden nicht gereinigt; man kann nicht gescheit hindurch fotografieren
o    Es werden reichlich Zusatzkosten on top generiert (verpflichtende Trinkgelder, zu denselben Anteilen zu bezahlende, gemeinsame Abendessen …)
o    Oft gibt es bei Fragen an den Reiseleiter nur ausweichende, unklare Antworten
o    Er kümmert sich zu wenig um seine Gäste, sondern überlässt dies ihnen selbst bzw. den lokalen Guides
o    Abfragen an die Gruppe nach ihren aktuellen Interessen gibt es nicht
o    Bildbesprechungen - wir befinden uns immerhin auf einer Fotoreise - und ein Erfahrungsaustausch unter Fotografen finden nicht statt
o    Das Ende: Am Ende der Reise haben sich die Teilnehmer in zwei Gruppen aufgeteilt, die sich gegenseitig aus dem Weg gehen und nicht mehr miteinander reden. Und das Alles dann für mehr als 20.000 Euro (2 P.).

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